0211 900979 0 info@smlm-partner.de

§36 MAVO

§36 MAVO regelt die Zustimmung bei Angelegenheiten der Dienststelle. Das Mitbestimmungsrecht in den Angelegenheiten der Dienststelle sichert die Beteiligung der Mitarbeitervertretung in den in §36 MAVO Abs. I genannten Angelegenheiten.

 

§36 MAVO Zustimmung bei Angelegenheiten der Dienststelle

(1) Die Entscheidung bei folgenden Angelegenheiten der Einrichtung bedarf der Zustimmung der Mitarbeitervertretung, soweit nicht eine kirchliche Arbeitsvertragsordnung oder sonstige Rechtsnorm Anwendung findet:

  1. Änderung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage
  2. Festlegung der Richtlinien zum Urlaubsplan und zur Urlaubsregelung,
  3. Planung und Durchführung von Veranstaltungen für die Mitarbeiter,
  4. Errichtung, Verwaltung und Auflösung sozialer Einrichtungen,
  5. Inhalt von Personalfragebogen für Mitarbeiter,
  6. Beurteilungsrichtlinien für Mitarbeiter,
  7. Richtlinien für die Gewährung von Unterstützungen, Vorschüssen, Darlehen und entsprechenden sozialen Zuwendungen,
  8. Durchführung der Ausbildung, soweit nicht durch Rechtsnormen oder durch Ausbildungsvertrag geregelt,
  9. Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen,
  10. Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen,
  11. Maßnahmen zum Ausgleich und zur Milderung von wesentlichen wirtschaftlichen Nachteilen für die Mitarbeiter wegen Schließung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Einrichtungen oder wesentlichen Teilen von ihnen,
  12. Zuweisung zu den einzelnen Stufen des Bereitschaftsdienstes, soweit eine kirchliche Arbeitsvertragsordnung dies vorsieht.

(2) Abs. 1 Nr. 1 findet keine Anwendung auf Mitarbeiter für pastorale Dienste oder religiöse Unterweisung, die zu ihrer Tätigkeit der ausdrücklichen bischöflichen Sendung oder Beauftragung bedürfen, sowie auf Mitarbeiter im liturgischen Dienst.

(3) Muss für eine Einrichtung oder für einen Teil der Einrichtung die tägliche Arbeitszeit gemäß Abs. 1 Nr. 1 nach Erfordernissen, die die Einrichtung nicht voraussehen kann, unregelmäßig oder kurzfristig festgesetzt werden, ist die Beteiligung der Mitarbeitervertretung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Arbeitsbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden beschränkt.

Hinweis: Die Regelung des §36 MAVO Abs. 1 Nr. 9 MAVO ist wortgleich zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

 

Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG / Facebook

 

Paukenschlag des BAG: Facebook-Seite des Arbeitgebers unterliegt der Mitbestimmung!

 

Viele Einrichtungen und Dienstgeber haben sie bereits eingerichtet – die Facebook-Unternehmensseite. Im Gegensatz zu dem privaten Facebook Account unterliegt die Facebook-Seite der Einrichtung bzw. des Dienstgebers einem anderen Regelungskreis. Insbesondere die Frage des Mitbestimmungsrechts war innerhalb der kirchlichen Gerichte und der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte unterschiedlich eingeordnet worden. Zuletzt hatte das LAG Düsseldorf (12.01.2015 – AZ9 TaBV 51/14) entschieden, Mitbestimmungsrechte seien nicht verletzt.

 Urteil des BAG: Die Facebook-Seite ist eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG! (Beschluss vom 13.12.2016 – 1 ABR 7/15)

 

Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen: Facebook

Und darum geht es:

Ermöglicht der Arbeitgeber auf seiner Facebook-Seite für andere Facebook-Nutzer die Veröffentlichung von sogenannten Besucher-Beiträgen (Postings), die sich nach Ihrem Inhalt auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Beschäftigter beziehen, unterliegt die Ausgestaltung dieser Funktion der Mitbestimmung.

 

Auswertungsmöglichkeiten bei Facebook:

Die Arbeitgeberin betreibt einen Blutspendedienst. Bei den Blutspendeterminen sind Ärzte und auch weitere Beschäftigte tätig, sie tragen Namensschilder. Im April 2013 eröffnete die Arbeitgeberin bei Facebook eine Internetseite anlässlich einer Marketingmaßnahme. Nutzer dieser Internetseite konnten auf diese Weise Postings auf der Internetseite einstellen. Einige Nutzer äußerten sich im Rahmen der Postings auch über das Verhalten der beschäftigten Mitarbeiter. Hierauf reagierte der Betriebsrat. Er machte geltend, der Betrieb der Unternehmensseite bei Facebook unterliege dem Mitbestimmungsrecht, denn die Arbeitgeberin könne auch auf diese Weise über die von Facebook bereit gestellten Auswertungsmöglichkeiten die Beschäftigten überwachen. Unabhängig davon könnten sich die Nutzer der Internetseite durch Postings zum Verhalten oder der Leistung von Arbeitnehmern öffentlich äußern. Dies erzeuge einen erheblichen Überwachungsdruck.

 

Die Regelung:

Um welche Regelung geht es?

  • §36 MAVO regelt die Zustimmung bei Angelegenheiten der Dienststelle.

Das Mitbestimmungsrecht in den Angelegenheiten der Dienststelle sichert die Beteiligung der Mitarbeitervertretung in den in §36 MAVO Abs. I genannten Angelegenheiten, wobei die hier betroffene Regelung der technischen Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG der Regelung des §36 MAVO Abs. 1 Nr. 9 MAVO deckungsgleich entspricht.

Die Einführung oder Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen, sind zustimmungspflichtig. Die Vorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO dient dem Persönlichkeitsschutz des einzelnen Mitarbeiters. Mitarbeiter sollen gegen anonyme Kontrolleinrichtungen, die in den persönlichen Bereich des Mitarbeiters eingreifen, schützen. Das Mitbestimmungsrecht der MAV ist dabei als vorbeugendes Recht (präventiver Schutz) ausgestaltet, um von vorne herein der MAV die Möglichkeit und die Macht zu geben, unzulässige Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Mitarbeiter abzuwehren und zu verhindern.

Von den Mitbestimmungsrechten sind daher alle technischen Einrichtungen erfasst, die geeignet und dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen. Die Überwachung muss sich auf die Leistung und/ oder das Verhalten der Mitarbeiter beziehen. Die Überwachung muss nach dem Wortlaut des § 36 Abs. I Nr. 9 MAVO durch eine technische Einrichtung erfolgen. Die Überwachung durch eine Person unterliegt deshalb nicht dem Mitbestimmungsrecht.

Konkret hat das Bundesarbeitsgericht daher in seiner ersten Pressemitteilung zu dem Verfahren ausgeführt :“Der Mitbestimmung unterliegt die Entscheidung der Arbeitgeberin, Postings unmittelbar zu veröffentlichen. Soweit sich diese auf das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern beziehen, führ das zu einer Überwachung von Arbeitnehmern durch eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG“.

Die Ausgestaltung und Funktionsweise des arbeitgeberseitigen Facebook-Auftritts unterfiel so dem Mitbestimmungsrecht.

Hinweis: Die Entscheidung des Dienstgebers, überhaupt eine Social-Media Seite wie etwa Facebook bereitzustellen, unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 9 MAVO.

Technische Einrichtungen im Sinne der Mitbestimmung:

Was ist eine technische Einrichtung im Sinne von §36 MAVO Abs. 1 Nr. 9 MAVO?

Schnellübersicht der technischen Einrichtungen:

  • Stechuhren zur Messung von Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Arbeitsunterbrechungen
  • Elektronische Zeiterfassung
  • Arbeit an Bildschirmen, wenn Leistung und Verhalten der Mitarbeiter damit kontrolliert werden
  • VOIP, Telefondatenerfassung
  • EDV-Systeme, dies gilt für Hardware und Software, auch für Software Update, wenn sie geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu überwachen bzw. Personenbezogene Daten aus Arbeitsabläufen zu erfassen, zu speichern und/ oder weiter zu verarbeiten
  • Überwachung der Nutzung von E-Mails
  • Überwachung von Intranet und Internet
  • Video, IP-Kamera, Überwachungseinrichtungen auch Diebstahlschutz, Bewegungsmelder
  • Mobilfunkgerät als Teil einer betrieblichen Telefonanlage
  • Alle technischen Einrichtungen werden erfasst, die geeignet und dazu bestimmt sind, das Verhalten und/ oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen.
  • Elektronische Personalakte
  • Social-Media Auftritt z.B. Facebook-Seite des Arbeitgebers