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Aufhebungsvertrag ablehnen

Arbeitgeber stellen Arbeitnehmer oft vor die Entscheidung ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags anzunehmen oder abzulehnen. welche Vor-und Nachteile hat eine Ablehnung eines Aufhebungsvertrags? Welche Auswirkungen sind mit dem Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrags verbunden? Und wie kann Ihnen ein Anwalt für Arbeitsrecht dabei helfen?

Gründe, warum ein Aufhebungsvertrag abgelehnt werden sollte

Es gibt eine Reihe von Gründen, warum ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag ablehnen sollte. Nämlich immer dann, wenn der Aufhebungsvertrag rechtlich nachteilhaft ist. Etwa dann, wenn die Kündigungsfrist verkürzt wird oder eine Abfindung unter Umständen niedriger ausfallen würde als eine Abfindung im Falle einer unberechtigten/unwirksamen Kündigung. Wird die Kündigung zur Überprüfung durch das Arbeitsgericht gestellt, kann sich ergeben, dass die Kündigung unwirksam ist. Ein derartiges Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht bietet in vielen Fällen Aussicht auf Erfolg und damit bessere Chancen als die Konditionen im Aufhebungsvertrag.

Aufhebungsvertrag ablehnen oder unter Druck unterschrieben?

Diese Drucksituation ist in der Praxis nicht selten. Der Arbeitgeber setzt den Arbeitnehmer unter Druck und drängt auf die Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag. Obwohl der Arbeitnehmer dem Aufhebungsvertrag ablehnend gegenübersteht, kann der Vertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu mit Urteil vom 24. Februar 2022, 6 AZR 333/21 zum Aufhebungsvertrag insbesondere zum Gebot des fairen Verhandelns entschieden:

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Februar 2022 – 6 AZR 333/21 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17. Mai 2021 – 18 Sa 1124/20 –

Ein Aufhebungsvertrag kann unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sein. Ob das der Fall ist, ist anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen kann.

Aufhebungsvertrag ablehnen

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Am 22. November 2019 führten der Geschäftsführer und der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten, der sich als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht vorstellte, im Büro des Geschäftsführers ein Gespräch mit der als Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik beschäftigten Klägerin. Sie erhoben gegenüber der Klägerin den Vorwurf, diese habe unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Beklagten abgeändert bzw. reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Die Klägerin unterzeichnete nach einer etwa zehnminütigen Pause, in der die drei anwesenden Personen schweigend am Tisch saßen, den von der Beklagten vorbereiteten Aufhebungsvertrag. Dieser sah ua. eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2019 vor. Die weiteren Einzelheiten des Gesprächsverlaufs sind streitig geblieben. Die Klägerin focht den Aufhebungsvertrag mit Erklärung vom 29. November 2019 wegen widerrechtlicher Drohung an.

Aufhebungsvertrag abgelehnt aber unterschrieben

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ua. den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30. November 2019 hinaus geltend gemacht. Sie hat behauptet, ihr sei für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, sei nicht entsprochen worden. Damit habe die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Aufhebungsvertrag abgelehnt, die Entscheidung des BAG:

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Auch wenn der von der Klägerin geschilderte Gesprächsverlauf zu ihren Gunsten unterstellt wird, fehlt es an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung. Ein verständiger Arbeitgeber durfte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Ebenso ist das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage der vom Senat in der Entscheidung vom 7. Februar 2019 (- 6 AZR 75/18 -) entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung des in der Revisionsinstanz nur eingeschränkten Prüfungsumfangs zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Beklagte nicht unfair verhandelt und dadurch gegen ihre Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB verstoßen hat. Die Entscheidungsfreiheit der Klägerin wurde nicht dadurch verletzt, dass die Beklagte den Aufhebungsvertrag entsprechend § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zur sofortigen Annahme unterbreitet hat und die Klägerin über die Annahme deswegen sofort entscheiden musste.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Februar 2022 – 6 AZR 333/21 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 17. Mai 2021 – 18 Sa 1124/20 –

Aufhebungsvertrag ablehnen

Wie das Verfahren zeigt, kann es vorteilhaft sein, den Aufhebungsvertrag abzulehnen und entsprechend erst recht nicht den Vertrag zu unterzeichnen. Denn der Vertrag kommt erst mit der Unterzeichnung zustande, es gilt die Schriftform gemäß §623 BGB. Den Aufhebungsvertrag ablehnen sollte man also entsprechend nach gründlicher Überlegung vor und nicht nach einer Unterzeichnung.